Vom Behindertensport leben
Eine Vollzeitjob im Behindertensport, wer hätte das gedacht? Sébastien Hermann in Villars ist das perfekte Beispiel für die unglaubliche Entwicklung des Behindertensports und auch des Behindertentourismus. Seit fünf Jahren lebt er vom Tandemskifahren im Winter und im Sommer lenkt er Cimgo, behindertengerechte Mountainbikes, die das Fahren auf den gleichen Pisten in den Sommermonaten erlauben.
Sébastien Hermann ist Schreiner von Beruf und hat den Tandemski in einer Feriencamp, in dem er als Leiter dabei war, entdeckt. Nach zwei Abfahrten, eine im Stuhl und eine lenkend, war er überzeugt und wurde Fahrer.
Heute fährt er sieben Tage die Woche den ganzen Winter über Behinderten-Ski. Die Teilnehmer kommen zum Skifahren durch Just for Smiles und die Westschweizer Institutionen. Aber auch immer zahlreicher kommen Private, Familien, Grosseltern, die mit der Familie Skifahren wollen und auch Touristen.
«Behinderten-Skifahren wird zu einem touristischen Angebot, aber die Skistationen müssen bezüglich Infrastruktur, Parkplätzen, Hotel etc. auch nachziehen. Es gibt noch so viel zu tun, um alle Orte zugänglich zu machen, um alle Menschen mit Behinderung zu erreichen und nicht nur diejenigen, die normalerweise kommen», erzählt der Mitbegründer der 2011 gegründeten Vereinigung Go Tandem, die er seit 2018 leitet. Mit Sitz in Villars bietet sie geeignete Sport- und Freizeitaktivitäten im Freien: Skifahren, Segeln, Cimgo und sogar Canyoning. «In der Schweiz sind die Möglichkeiten, Behindertensport zu machen, momentan riesig. Aber sie erreichen bisher noch nicht alle, die Zugang dazu haben könnten.» Behindertensportprofi, ein Beruf, der zu empfehlen ist? «Mein Ziel ist es, vier Leute beschäftigen zu können. Aber momentan würde ich den Leuten, die sich für diesen Bereich umschulen lassen wollen, noch zu bedenken geben, dass es schwierig ist, davon zu leben.»
Neben seiner Tätigkeit als Fahrer im Winter oder Sommer und der Leitung von Go Tandem ist Sébastien Hermann einer von vier Schweizer Tandemski-Ausbildern und Leiter bei PluSport, Dachverband für den Behindertensport in der Schweiz. Eine besondere Auszeichnung ist auch, dass er gerade als Mitglied der Schweizerischen Skischule in Villars aufgenommen wurde, was zeigt, dass der Behindertensport von jedermann akzeptiert wird. «Ich habe riesiges Glück, dass ich von meiner Leidenschaft leben kann. Das treibt mich jeden Tag aufs Neue an. «